Matthias von Schramm


Premium (World), Hamburg

Als Fahrräder noch keine Gangschaltung hatten

Das war ein ziemlich aufregendes Jahr. Es war ein Jahr, in dem ich nicht feststellen konnte, dass die Greta gefordert hat, dass Fahrräder immer mehr Gänge haben müssen. Auch hat sie das vergleichbare bescheidende Leben der 1960er Jahre nie verteufelt. Sie kann auch nichts dafür, dass sie diese Zeit nicht selbst erlebt hat. Sie ist auch nicht dafür verantwortlich, dass diese Weihnachten wieder unzählige Jugendliche von ihren Eltern neue Smartphones auf ihren Gabentischen vorfanden und diese unverschämter Weise auch noch annahmen. Natürlich kann man einer nun fast 17jährigen jungen Schwedin vorwerfen, dass sie es nicht erreicht hat, dass alle Jugendlichen in diesem Jahr Veganer geworden sind. Da hat dann wohl dieses sog. Karma nicht funktioniert. Oder aber, die Unterstellung einer Heiligsprechung durch Anhänger, stimmt eben doch nicht.

Nun hat ja die Journalistin Kornelia Kirchweger die Kinder indirekt aufgefordert sich weniger zu waschen. Sie wäre letztlich Vorbild – käme mit dem Geruch der Straße daher. Sorry Frau Kirchweger: Zecken waschen sich nicht – also die Fans eines Fußballclubs und dies aus Überzeugung. Sie sind auch eine Marke, ohne dass ich z.B. Geld daran verdiene und Greta ist das auch. Dazu fehlt es wohl bei Ihnen noch ein wenig. Das wir früher alle nichts hatten – die wir in den 1960er Jahren geboren wurden, dies tut mir sehr leid für uns. Wenn wir den Gretas dieser Welt und anderen aufgeweckten Mädels davon genügend vorjammern, z.B. den Fußballfrauen vom FC St. Pauli, dann haben die da bestimmt ein offenes Ohr und verzeihen unserer Generation, dass wir danach den Hochkonsum erfunden haben – extra damit junge Frauen und natürlich auch Männer sich heute im Verzicht üben. Der Unterschied ist wohl eher der, dass sportliche junge Frauen und Männer mit einem alten Fahrrad ohne Gangschaltung noch den Pinnasberg hochgeradelt schaffen, und die Frau Kirchweger eben leider nicht.

Während Frau Kirchweger noch auf ihrem Fahrrad selbst genäht hat, während sie den Berg abwärtsfuhr (und es begann mit ihrer Klimabilanz bergab zu gehen), bekommen die sportlichen Frauen von heute sogar noch Regenbogentrikots geschenkt. Für Haltung und gegen Doping bei der Tour de France.

Einfach nachgoogeln: Kornelia Kirchweger und Greta und dann Kirchwegers offenen Brief lesen. Bemerkenswert, wie traurig das Leben gewesen sein muss, während die Turbokonsumer heute ja alles haben, nicht wahr!? Mo sogn. Ja ja, heute gibt es bestimmt keine jungen Menschen mehr, die ihren Einkauf zu Fuß erledigen. Aber was wirklich stimmt und das betrifft nicht nur uns Leute, die in den 1960er Jahren geboren sind, dass wir uns ganz prima mit unserem Nichtverzicht engagiert haben. Dies ist der Greta nun einmal emotional aufgefallen, weil ja wenn es ihr nicht aufgefallen wäre, dann wären wir Kirchweger-Generationsbegleiter vielleicht sehr viel müder geblieben, ob unseres eigenen Wirtschaftswunders, als ohnehin schon.

So bemerkt man doch, dass in den alten Knochen noch Leben drin ist. Da kann man doch als weiße nicht ganz junge Frau und als Mann, sich endlich mal wieder über Gören aufregen, die auch noch Politik machen – frecher Weise. Irgendwann nämlich da kommt dieses über Gören-Aufregungsalter wie von selbst angeflogen.

Ich selbst sprach ja übrigens an anderer Stelle schon mal davon, dass es bei mir zu Weihnachten Fisch gab aus Gründen. In aller Tatsächlichkeit mit so viel Dill, wie auf dem Beweisfoto. Okay, kann sein, dass es für den einen oder anderen zu viel Dill ist und dass es da irgendwie einen Verwerflichkeitsvorwurf geben kann, wegen zu viel oder zu wenig Nachhaltigkeit.

26. Dezember 2019

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